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Teresa Mayr, die sich in ihren Zeichnungen intensiv mit dem städtischen Raum als Umgebung befasst, schafft mit ihrem Heft „horsetails (Pferdeschwänze)“ einen ganz neuartigen Raum, dem es gelingt, scheinbar Widersprüchliches zu vereinen. Diese neue Verortung erlaubt es den Zeichnungen, ihren thematischen Rahmen aufzuweichen und sich treiben zu lassen. Formal werden die gescannten Bleistift- und Markerzeichnungen ergänzt um digitale Formen und Flächen. Inhaltlich werden Bilder einer physisch-urbanen Umgebung überlagert von Bildzitaten aus der digitalen Welt. In diesem fragmentarischen Gemisch verschwimmt dann alles, bisweilen kommt es zu Ausflockungen. Allein das Heft stiftet Zusammenhalt. Mit seiner linearen Leserichtung von vorn nach hinten versucht es, eine Ordnung zu schaffen, die mit der assoziativen Nichtordnung des Virtuellen jedoch korrelieren muss. Diese Spannung bleibt durchgehend erhalten.
Sehr persönliche Gedankenbilder beherbergen die Seiten. Stellenweise ist das wie ein fröhliches Bilderbuch, fluide und intuitiv gebaut. Haus mit Apfelbaum und Regenbogen über zartem Grün. Pelzige Aprikosen, Delfinsticker, ein Bunny. Schäumen, spritzen, rieseln, erotische Anspielungen. An anderen Stellen schlägt es bald um in irritierende Szenarien: Behandlungsstühle mit ungeklärter Funktion, beunruhigende Apparaturen. Rapunzels Zopf ist abgeschnitten, Schlangen winden sich aus Körpern heraus, der angebissene Apfel. Und immer wieder Vulkanausbrüche. Vereinzelt mischen sich Schriftzüge und Kommentare unter die Bilder und begründen eine hermetische Emblematik. Symbolkenntnisse können die (Bild-)Lektüre vertiefen, führen jedoch nicht unbedingt zu vollständiger Entschlüsselung. So kann das Heft immer wieder neu von vorn gelesen werden.
Die Zeichnungen von Teresa Mayr sind Teil des Heftes horsetails (Pferdeschwänze), welches demnächst im Fantôme-Verlag Berlin erscheint. Teresa wurde 1992 in Friedberg/Bayern geboren. Von 2012 bis 2019 studierte sie u.a. an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und der Universität der Künste Berlin, wo sie als Meisterschülerin bei Prof. Ina Weber abschloss. Derzeit promoviert sie im Ph.D- Programm Art+Design der Bauhaus-Universität Weimar. Sie lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Berlin.
Text von Miriam Albert. Miriam wurde 1991 bei Karlsruhe geboren. Von 2012 – 14 studierte sie Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und von 2014 – 20 im Fachbereich Kunst der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Sie lebt als freischaffende bildende Künstlerin und Autorin in Halle (Saale).