digital seit 2020
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horsetails (Pferdeschwänze)

Seltsam ungewohnt stoßen verschiedene Flächen aufeinander, ihr Zusammenstoß löst Gänsehaut aus. Diese struppigen Zeichnungen! Angenehm kratzig lassen sie sich betrachten, bieten Struktur und Widerstand. Daneben dann diese Flächen, die man nicht so recht zu fassen bekommt. Zu vollkommen sind sie und frei von jeder Spur. Gleich gleitet man wieder ab, wie auf Eis oder einer seifigen Spiegeloberfläche.

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Schwarz-weiß Zeichnung. mittig links oben: eiförmiger Umriss. links darunter: Haus mit Ziegeldach und aufsteigendem Rauch. rechts darunter: Schlange auf Kacheln. rechts daneben: männlicher Oberkörper, Schleife. darüber: gefüllte Badewanne. oben recht: großes "X" / Löschbutton darunter: Uhr ohne Zeiger mit Krone. mittig recht unten: kleiner Tisch mit Kerze darunter Schrift: "Sexy Biest Kleiner Joe", darunter eine Feuerstelle mit Rauch unten rechts: Schrift "Willst du auf dem Gepäckträger sitzen ?", darunter Fahrrad
Zeichnung: Teresa Mayr

Teresa Mayr, die sich in ihren Zeichnungen intensiv mit dem städtischen Raum als Umgebung befasst, schafft mit ihrem Heft „horsetails (Pferdeschwänze)“ einen ganz neuartigen Raum, dem es gelingt, scheinbar Widersprüchliches zu vereinen. Diese neue Verortung erlaubt es den Zeichnungen, ihren thematischen Rahmen aufzuweichen und sich treiben zu lassen. Formal werden die gescannten Bleistift- und Markerzeichnungen ergänzt um digitale Formen und Flächen. Inhaltlich werden Bilder einer physisch-urbanen Umgebung überlagert von Bildzitaten aus der digitalen Welt. In diesem fragmentarischen Gemisch verschwimmt dann alles, bisweilen kommt es zu Ausflockungen. Allein das Heft stiftet Zusammenhalt. Mit seiner linearen Leserichtung von vorn nach hinten versucht es, eine Ordnung zu schaffen, die mit der assoziativen Nichtordnung des Virtuellen jedoch korrelieren muss. Diese Spannung bleibt durchgehend erhalten.

Schwarz-weiß Zeichnung oben links: zwei Flaschen, Umriss eines Delphins unten links: Mondsichel mittig oben: Grill mit kreisförmigem Umriss drunter: längliche Form mit vier nach unten gedrehten Dreiecken daneben: Schrift "KOPIEREN" rechts daneben: Staubsauger darunter: Kacheln rechts: eine Schleife oben rechts: Vorderkörper eines Bären mit offener Schnauze, nach oben schauend, daneben schwarzer Halbkreis
Zeichnung: Teresa Mayr

Sehr persönliche Gedankenbilder beherbergen die Seiten. Stellenweise ist das wie ein fröhliches Bilderbuch, fluide und intuitiv gebaut. Haus mit Apfelbaum und Regenbogen über zartem Grün. Pelzige Aprikosen, Delfinsticker, ein Bunny. Schäumen, spritzen, rieseln, erotische Anspielungen. An anderen Stellen schlägt es bald um in irritierende Szenarien: Behandlungsstühle mit ungeklärter Funktion, beunruhigende Apparaturen. Rapunzels Zopf ist abgeschnitten, Schlangen winden sich aus Körpern heraus, der angebissene Apfel. Und immer wieder Vulkanausbrüche. Vereinzelt mischen sich Schriftzüge und Kommentare unter die Bilder und begründen eine hermetische Emblematik. Symbolkenntnisse können die (Bild-)Lektüre vertiefen, führen jedoch nicht unbedingt zu vollständiger Entschlüsselung. So kann das Heft immer wieder neu von vorn gelesen werden.

Schwarz-weiß Zeichnung oben links: Armband oder Uhr mit Bild von Brüsten darin rechts daneben: Sterne, Monde rechts daneben: Baum neben Haus mit Schornstein, aufsteigender Rauch rechts oben: quellenartige Form darunter: karierter Fußboden, daneben langer Ast unter: Pflanzen unten mittig: Schrift: 5S Data 1) recht daneben: zwei Tiere (Hund?) mittig: kreisförmige grau Abstufungen mit Sanduhr in der Mitte
Zeichnung: Teresa Mayr

Schwarz-weiß Zeichnung oben links mittig: Form eines vierbeinigen Tieres darunter: sternartige Form mit grauen Rechtecken darunter: Palme, Hund links daneben rechts daneben: Straße führt zu rechteckiger Form darüber: ein Megafon rechts daneben: Kreis und Krokodil rechts unten: Kreuz mit Flügeln vor schwarzem Hintergrund
Zeichnung: Teresa Mayr

Die Zeichnungen von Teresa Mayr sind Teil des Heftes horsetails (Pferdeschwänze), welches demnächst im Fantôme-Verlag Berlin erscheint. Teresa wurde 1992 in Friedberg/Bayern geboren. Von 2012 bis 2019 studierte sie u.a. an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und der Universität der Künste Berlin, wo sie als Meisterschülerin bei Prof. Ina Weber abschloss. Derzeit promoviert sie im Ph.D- Programm Art+Design der Bauhaus-Universität Weimar. Sie lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Berlin.

Text von Miriam Albert. Miriam wurde 1991 bei Karlsruhe geboren. Von 2012 – 14 studierte sie Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und von 2014 – 20 im Fachbereich Kunst der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Sie lebt als freischaffende bildende Künstlerin und Autorin in Halle (Saale).