2020 gab es so viele Tropenstürme wie noch nie zuvor. In Mittelamerika starben Anfang November mehr als 200 Menschen im Sturm »Eta«, nur wenige Tage später forderte der nächste Hurrikan »Iota« weitere Opfer. Für derart extreme Wetterlagen ist der Klimawandel verantwortlich – und für den wiederum nicht in erster Linie die stark betroffenen Länder in Mittelamerika, sondern die großen Industrienationen, unter ihnen Deutschland. Diese versucht Guatemalas Präsident Alejandro Giammattei jetzt zur Finanzierung der Reparaturen zu verpflichten.
Die Verwüstung in Guatemala ist nur ein Beispiel von vielen, die zeigen: Die Klimakrise kostet Menschenleben, und wir sind dafür mitverantwortlich. Das heißt: Wir müssen Verantwortung übernehmen und handeln, und zwar sofort.
Am 4. November 2020 hat der Akademische Senat der UdK dazu einen Schritt in die richtige Richtung getan und einstimmig den Klimanotstand ausgerufen, mit dem er »den Klimawandel als existenzbedrohende Krise« anerkennt.
Ein gutes Jahr zuvor, im Sommer 2019, gründeten sich fast zeitgleich die studentischen Initiativen »Klasse Klima« (mit dem Ziel, ein interdisziplinäres Bildungsangebot zur Klimakrise zu schaffen) und UdK For Future (UdKFF), die mit Kunstaktionen auf die Klimakrise aufmerksam machen und Studierende und Mitarbeitende der UdK für Demonstrationen und ein klimagerechtes Verhalten mobilisieren wollen. Mehr und mehr rückten in beiden Initiativen Ideen zur Transformation der »Institution UdK« hin zu mehr Klimagerechtigkeit in den Fokus – und außerdem beide Gruppen mehr zusammen. Schließlich übergaben sie im Februar dem neu gewählten UdK-Präsidenten Norbert Palz zum Amtsantritt die von der Klasse Klima formulierten 13 Forderungen. Zur selben Zeit hatte sich in dem neu zusammengesetzten Studierendenparlament ein Ausschuss für Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit gebildet. In dem Zusammenhang wurde auch die Gründung eines neuen AStA-Referats für Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit beschlossen, welches ich seit Mai innehabe.
Seitdem ist aus den Gesprächen zwischen der Klasse Klima, UdKFF und der Hochschulleitung/-administration die AG Klima entstanden, die im Juli ihre statusgruppenübergreifende Arbeit aufnahm. In vier Teams wurde in den letzten Monaten an einer Klimacharta, Beiträgen zum Zukunftstag, dem Bildungsangebot und an der Ausrufung des Klimanotstands gearbeitet.
Klimanotstand – (k)ein rein symbolischer Akt
Schon in den Gesprächen im Februar zeigte sich UdK-Präsident Norbert Palz grundsätzlich offen für die Ausrufung des Klimanotstands an der UdK. Während die Studierenden bei den Treffen für ein sofortiges Ausrufen und Handeln plädierten, bevorzugte die Hochschulleitung es, zunächst einige Maßnahmen auszuarbeiten, die der Akademischen Senat dann zusammen mit der Ausrufung des Klimanotstandes beschließen könne, um daraus mehr als einen symbolischen Akt zu machen. Erst im Herbst wurde darum die Ausrufung des Klimanotstands offiziell vom Akademischen Senat beschlossen, aber mit ihm auch konkrete Schritte, welche die Mobilität, das Bildungsangebot und die interne Strukturen der UdK betreffen:
So wird beispielsweise in den kommenden Monaten als Pilotprojekt ein Lastenrad im Joseph’s in der Bundesallee installiert, das als Teil der fLotte kostenlos ausleihbar sein wird. Es wird eine Mobilitätsumfrage erstellt, um die aktuelle Situation und Bedarfe für nachhaltige Fortbewegungsmöglichkeiten an den unterschiedlichen UdK-Standorten zu ermitteln. Weiterhin gibt es in diesem Wintersemester eine Ringvorlesung zur Klimakrise als Einführungsveranstaltung im Studium Generale. Ab 2021 wird die UdK jedes Jahr einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Außerdem nimmt im nächsten Jahr eine neue Kommission für Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit des Akademischen Senats ihre Arbeit auf. Auch Fördermöglichkeiten für die Schaffung einer Stelle für eine*n hauptamtliche*n Klimamanager*in werden aktuell geprüft.
Wie geht es weiter? Und wer geht weiter?
All diese Maßnahmen sind wichtige Schritte und vor dem Hintergrund, dass die klimahochschulpolitische Arbeit an der UdK letztes Jahr erst begonnen hat, ein Riesenerfolg. Aber unsere Aktivitäten müssen langfristig unbedingt professionalisiert werden, um nachhaltig zu sein. Es braucht Personen, die hauptberuflich für die angestoßene Transformation arbeiten und dafür auch angemessen entlohnt werden. Personen, die einen Klimaneutralitätsplan für die Universität erstellen können und über ein entsprechendes Mandat verfügen, die notwendigen Maßnahmen auch umzusetzen. Genug zu tun gibt es auf jeden Fall.
Wir brauchen einen Plan, wie die UdK klimaneutral werden kann.
Wir brauchen einen Umstieg auf 100% erneuerbare Energien.
Wir brauchen ein klimaschonendes gastronomisches Angebot.
Neben der Integration der Klimakrise in unser Bildungsangebot, müssen Weiterbildungsmöglichkeiten für Professor*innen und Mitarbeiter*innen geschaffen werden, damit Studierende von ihren Lehrenden lernen können, wie eine nachhaltige Kunstpraxis aussehen kann und warum das wichtig ist. Weil Deutschland sich aktuell einen weit größeren Anteil am globalen CO2-Kuchen genehmigt, als ihm zusteht. Weil uns eine historische Verantwortung obliegt, mehr zu tun als das, was gerade passiert und weil diese nicht rein ökologische Krise mit anderen gesellschaftlichen Problemen zusammenhängt.
Wir brauchen ein übergreifendes, nachhaltiges Mobilitäts- und Transportkonzept und eine Kehrtwende im Umgang mit Material.
Wir brauchen mehr Vernetzung mit anderen (Kunst-)Universitäten, um voneinander lernen zu können.
Und wir brauchen eine klare Kommunikation der Dringlichkeit der Klimakrise – intern wie extern.
Wir können als Mitglieder und Initiativen viel anstoßen, fordern und bewegen, aber die großen Hebel – zum Beispiel welche Gelder wo zur Verfügung stehen oder zusätzlich vom Land gefordert werden oder ob ein Wechsel der Strom-, Wärme- und Gasversorger erfolgt – sind maßgeblich abhängig von der Haltung und Handlungsbereitschaft der Hochschulleitung. Die Ausrufung des Klimanotstands ist Bestätigung und Auftrag zugleich: Die Klimakrise muss ganz oben auf die Tagesordnung – jetzt!
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Herzlichen Dank an Merle Krafeld für die Unterstützung beim Schreiben.